Vorwort
Wer meinen Blog regelmäßig liest weiß, dass ich mich nicht nur für Segeln und Boote, sondern auch für Amateurfunk interessiere.
Im März war ich beruflich mal wieder in Hamburg. Ich habe die Chance genutzt und auf eigene Kosten den Aufenthalt noch um einen Tag verlängert. Ich bin gerne in Hamburg und zu sehen gibt es viel.
Diesmal war ich auf dem Plaza der Elbphilarmonie, im Speicherstadtmuseum und im alten Elbtunnel.
Heute möchte ich aber von meinem absoluten Highlight erzählen: meinem Besuch auf der Cap San Diego.
Cap San Diego
Die Cap San Diego ist ein 1961 gebauter ehemaliger Stückgutfrachter.
Das 159 m lange Schiff ist das größte betriebsfähige Museumsfrachtschiff der Welt und unternimmt von seinem Stammliegeplatz an der Elbpromenade in Hamburg aus mehrere Fahrten pro Jahr.
Die Innenausstattung und auch die Technik sind weitestgehend Original aus der Frachtschiffvergangenheit. An Bord gibt es nicht nur das Museum, sondern auch ein Hotel (man kann in den originalen Räumen übernachten) und Gastronomie.


























Funkraum der Cap San Diego
Mein Fokus lag bei diesem Besuch ganz klar auf der Funkstation. Im Raum der Funkstation betreibt der Verein Marinefunker-Runde e.V. eine Clubstation mit dem Rufzeichen DLØMFH. Für den Amateurfunk sind die alten Seefunkgeräte ungeeignet (aufgrund der Frequenzen), deshalb werden dafür andere Geräte genutzt. An den Wochenenden wird die Station normalerweise immer von mindestens einem Funker betreut. Bei meinem Besuch hatte Gerhard DK5XK „Dienst“.

Der Funkraum ist mit allerhand antiker Funktechnik von Telefunken oder Siemens ausgestattet. Ausgestellt wird auch ein Seenotempfänger für das Rettungsboot. Mit dieser recht großen und schweren Kiste können mithilfe einer Drahtbehelfsantenne auf Kurzwelle Notrufe gesendet werden. Zur Energieversorgung gibt es einen eingebauten Kurbelgenerator. Der ist ziemlich schwergängig und braucht demzufolge einiges an Kraft. Aber in so einem Fall kurbelt man wahrscheinlich einfach.
Im Funkraum befindet sich außerdem die Koje des Funkers, damit er bei empfangenen Notmeldungen sofort bereitsteht.










Noch faszinierender als die Technik fand ich die Geschichten von Gerhard. Er ist als Funker auf Frachtschiffen zur See gefahren und hat viel erlebt. Dazu gehören zum Beispiel medizinische Notfälle an Bord wie ein Kapitän mit Blindarmentzündung oder auch die Übermittlung von tragischen Nachrichten aus der Heimat. Der Funker war an Bord der Dreh- und Angelpunkt der Kommunikation. Ein anderer Seefunker hat mir mal erzählt, dass die DDR Frachtschiffe bei einem Ausfall des Funkers sofort den nächsten Hafen anzulaufen hatten, um Ersatz anzufordern. So wichtig war diese Funktion an Bord!
In höchsten Tönen gelobt hat Gerhard den Siemens E 310 „Regenbogenempfänger“. „Sehr empfindlich, mit dem konntest du das Gras wachsen hören“. Die Geräte waren sehr teuer und an Bord in doppelter Ausführung vorhanden.

Wir haben auch über Norddeich Radio gesprochen. Über diese Küstenfunkstelle wurde der ganze Funkverkehr für BRD Schiffe abgewickelt. Das DDR Pendant dazu war Rügen Radio für die Schiffe der Deutsche Seereederei.
Mich hat besonders interessiert, ob der Funkverkehr damals in irgendeiner Art und Weise verschlüsselt wurde. Gerhard hat das verneint. Es gab nur bestimmt Codes, um die Kommunikation mit der Reederei zu vereinfachen/beschleunigen z.b. eine Kennzahl für: Besatzungsmitglied krank.
Ich bin neulich zufällig auf eine interessante Doku auf Youtube über Norddeich Radio gestoßen: https://www.youtube.com/watch?v=pbGe5IsAKyI. Besonders die Peilung des Havaristen auf der Karte mithilfe von Fäden fand ich sehr interessant.
An der Decke befinden sich die blanken Zuleitungen zu den Antennen. Manche Funker haben dort wohl auch gerne mal die angefeuchtete Zigarette angezündet.

Funkbetrieb wurde leider nicht durchgeführt. Als einziger Funkamateur im Shack wäre das aber auch sehr schwierig geworden. Ständig kommen Besucher, um die Station zu sehen. Vielleicht gelingt es mir ja irgendwann von Zuhause aus die Station zu „arbeiten“ (wie die Funker sagen).
Fazit:
Ich bedanke mich für die Organisation meines Besuchs bei Jutta DF6LP und für die Präsentation der Funkstation bei Gerhard DK5XK. Wer in Hamburg ist und sich etwas für Schiffe und Geschichte interessiert, sollte unbedingt mal auf der Cap San Diego vorbeischauen.
Für mich war besonders schön, authentisch von einem ehemaligen Berufsfunker der zur See gefahren ist, Geschichten anzuhören.
Auch Respekt an die vielen Freiwilligen, die die Cap San Diego in allen Bereichen pflegen und am laufen halten. Ohne diesen Einsatz wäre das ganze Projekt wirtschaftlich sicher nicht möglich.
Links
https://marinefreunde.com/deu/dl0mfh.html