Vorwort
Wie regelmäßige Leser meines Blogs wissen, habe ich Anfang 2023 die Prüfung zur Amateurfunkklasse A bestanden. Mir war von Anfang an klar, dass ich gerne meine beiden Hobbys Segeln und Amateurfunk verbinden würde. Allerdings hatte ich weder die Ausrüstung noch das Funkpraxiswissen um dieses Vorhaben umzusetzen. Beim Amateurfunk ist es ähnlich wie beim Segeln: eine bestandene Prüfung ist gut, aber der Weg danach ist noch weit.
Die letzten Monate habe beim Thema Amateurfunk viel dazu gelernt und einiges an Technik angeschafft. Besonders die Erfahrungen bei POTA (Parks on the Air) haben wir geholfen zu verstehen was gut funktioniert und was eher nicht. Zusammen mit der Teilnahme an verschiedenen Contesten (Amateurfunkwettbewerbe) konnte ich auch am Mikrofon mehr Sicherheit und Vertrauen beginnen.
Zeit also für ein paar praktische Versuche:
Technik
Antenne
Auf Segelbooten wird für die Kurzwellenantenne (für Amateurfunk oder Seefunkdienst auf Kurzwelle) meist das Achterstag genutzt. Dazu muss das Achterstag über einen Isolator elektrisch vom Mast getrennt werden. Der große Vorteil ist, dass diese Antenne im Segelbetrieb nicht stört, da das Achterstag ohnehin da ist. Diese Lösung muss jedoch fest installiert werden und schied daher für mich aus.
Ich wollte eine flexible Lösung, die ich einfach auf jedem Segeltörn nutzen kann. Ein eigenes Boot auf dem Meer besitze ich nicht. Für mein eigenes kleines Boot auf dem Leipziger Binnensee konnte ich selbst bei sehr wohlwollender Betrachtung keine guten Argumente für den Einbau einer Kurzwellenanlage finden.
HF-P1
Die HF-P1 ist eine sehr kompakte Kurzwellenantenne für Portabel Betrieb, die gerne für Outdoor Aktivitäten (SOTA/POTA) genutzt wird. Ich besitze die Antenne und habe damit bereits einige Erfahrungen gesammelt. Damit die Antenne auch auf einem Fotostativ verwendet werden kann, habe ich in die Grundplatte ein Fotostativgewinde geschnitten. Dieses Stativgewinde könnte ich auch nutzen, um die Antenne auf einer Rohrklemme am Heckkorb zu befestigen.
Vorteile
- stört bei Fahrt unter Segel nicht
- keine langen Kabel notwendig
- man muss nicht aufs Vorschiff
Nachteile
- Antenne muss abgestimmt werden für jedes Band
- Befestigung am Heckkorb
Ausschlaggebend für die Entscheidung gegen diese Antenne war die Befestigung am Heckkorb.
Die Schelle hat zwar Gummi Backen und es werden durch die leichte Antenne keine großen Kräfte auf den Heckkorb ausgeübt. Trotzdem hätte ein Skipper/Eigner da wohl erstmal Angst um sein Boot (verständlich) und ich müsste viel Überzeugungsarbeit leisten. Man muss so schon viel erklären, wenn man von Bord funken möchte.
Random Wire Drahtantenne
Ein Segelboot hat naturgemäß bereits einen Mast. Es wäre doch schade diesen Mast nicht in die Überlegungen zur Kurzwellenantenne einzubeziehen dachte ich mir. Ich kam deshalb auf die Idee, mit Hilfe des Spifalls auf dem Vorschiff eine Drahtantenne hochzuziehen. Damit die Antenne nicht zeitaufwendig abgestimmt werden muss, sollte es eine sogenannte Random Wire Antenne sein. In der Literatur habe ich gelesen, dass sich eine Antenne auf dem Boot sowieso nicht dauerhaft abstimmen lässt. Feuchtigkeit, Segeln mit Lage, Position vom Baum etc. lassen die Antenne immer wieder verstimmen.
Die Random Wire Antenne ist von der Länge bewusst so gestaltet, dass sie keine Resonanzen auf den Amateurfunkbänder aufweist. Anders als der Name suggeriert, ist die Länge genau berechnet.
Zusammen mit einem 1:9 UnUn und einem Antennentuner, kann die Antenne innerhalb von Sekunden für verschiedene Bänder angepasst werden. Das kostet gegenüber einer resonanten Antenne Performance, ist aber ein großer Komfortgewinn.
Im Idealfall sollte sich die Antenne weit weg von leitenden Gegenständen befinden . Diese Nähe zu Mast, Vorstag etc. mindert wiederum den Wirkungsgrad.
Vorteile
- geringes Packmaß
- kein manuelles abstimmen der Antenne erforderlich
Nachteile
- geringere Performance (nicht resonante Antenne + Nähe zu Metallteilen)
- Installation auf dem Vorschiff
- Einschränkung bei Fock Manövern
Ich habe mich für meine ersten Versuche für diesen Antennentyp entschieden. Ausschlaggebend waren dafür das bequeme abstimmen und das kleine Packmaß (nur die Drahtantenne mit dem 1:9 und einem Antennentuner).
Bau der Antennen
Das Material für die Drahtantenne sollte unbedingt eine hohe Zugfestigkeit aufweisen. Wenn die Antenne abreißt, muss jemand hoch in den Mast, um das Spifall zurückzuholen. Ich könnte mir bei meinen Antennentests kaum etwas Peinlicheres vorstellen als dem Skipper zu beichten, dass das Fall jetzt oben hängt.
Als Material entschied ich mich für die Antennenlitze FS2 von DX-WIRE mit einer Bruchlast von 75 kg. Dieses Kabel besteht aus verzinnerter Kupferlitze, was die Lebensdauer in der Salzluft zusätzlich erhöhen sollte.
Mittlerweile würde ich mich aber mich wohl für das UL entscheiden. Das ist deutlich leichter, hat aber dank einer integrierten Vectran Faser auch 75kg Bruchlast.
Länge
Damit ich flexibel bin, was die Mastlänge angeht, fertigte ich gleich 3 Drahtantennen.
Ich orientiere mich an den vorberechneten Längen dieser Website: https://www.hamuniverse.com/randomwireantennalengths.html
Ich entschied mich für: 8,8m 10,8m und 17,7m. Mit einem Bananenstecker können diese schnell in den LDG 9:1 Unun gesteckt werden.
Gegengewicht
Eine Randomwire Antenne braucht immer auch ein Gegengewicht. Diese Aufgabe erfüllt ein weiterer langer Draht. Dieser wird am Unun eingesteckt und dann einfach ins Wasser geworfen. Salzwasser ist ein guter elektrischer Leiter. Auch beim Notfunksender auf der Cap San Diego wurde das so gemacht.
Der Vollständigkeit halber möchte ich noch erwähnen, dass eine Mantelwellensperre am Koaxkabel sinnvoll ist. Andernfalls könnten Störungen in er Bordelektronik auftreten.
Transceiver
Mein Transceiver ist ein FT-818 von Yaesu. Der FT-818 kann maximal 6 Watt Leistung auf Kurzwelle ausgeben und gehört damit zu den QRP Transceivern (QRP= kleine Leistung).
Antennentuner
Der Antennentuner passt die Impedanz des Antennensystems auf die geforderten 50 Ohm an. Im Tuner gibt es ein Anpassnetzwerk aus verschiedenen Spulen und Kondensatoren. Der Anpassvorgang hat etwas von der Geräuschkulisse eines historischen Relaiscomputers.
Stromversorgung
Ich benutze einen sehr kompakten LiFePo4 Akku von Eremit. Dier Hersteller hat in Amateurfunk Kreisen einen guten Ruf für zuverlässige und sichere Akkus. Mein 12V Akku hat eine Kapazität von 4Ah. Das ist ausreichend für mehrere Stunden Betrieb mit dem FT-818. Meine Stimme gibt definitiv schneller auf.
https://www.eremit.de/p/12v-4ah-lifepo4-mit-bms
Versuch 1
Anfang April 2024 war ich wieder 3 Tage bei der Überführung der Mola Schiffe von Breege nach Warnemünde dabei. Da der Skipper ein Segelfreund ist, musste ich keine Überzeugungsarbeit für meinen Funktest leisten.
In unserem Ausgangshafen in Breege machte ich mich an den Aufbau. Unser Boot war kleiner als 40 Fuß. Deshalb kam die 10,8 m Version zum Einsatz. Das Wetter meinte es leider gar nicht gut mit mir. Kalter böiger Wind und dazu die größten vorstellbaren Regentropfen. Aber ich hatte es mir in den Kopf gesetzt also Ölzeug an und raus.
Wie beim Segeln ist auch beim Amateurfunk gute Vorbereitung essenziell. Trotzdem ich stets bestrebt bin, mein Funkequipment so einfach wie möglich zu gestalten, besteht es aus vielen Einzelteilen. Einige Male musste ich schon unverrichteter Dinge meine Antenne wieder abbauen, da irgendein kleiner aber essenzieller Adapter nicht im Gepäck war. Dieses Mal hatte ich alles mit.
Die Drahtantenne spannte ich schräg nach vorne gegen die Fockschot ab. Das nennt man meines Wissens Sloper Konfiguration.
Betriebsart bin ich auf SSB (Sprache) festgelegt. CW (Morsecode) kann ich zwar ein bisschen, aber nur Einzelzeichen. Für richtige Verständigung reicht es noch lange nicht.
Ich habe eine längere Zeit auf 20 m CQ (allgemeiner Anruf) gerufen. Leider hat niemand darauf geantwortet. Anschließend hab ich mich selbst auf die Suche nach Stationen gemacht. Nach einiger Zeit konnte ich immerhin 10 QSOs (Verbindungen) realisieren. Ein einziges QSO war auf 15m, die Anderen auf 20m. Die weitesten Stationen waren 2.000 km entfernt in Spanien. Allerdings musste ich mein Rufzeichen öfters wiederholen, bis es endlich aufgenommen werden konnte.
Der Wind hatte nochmal ordentlich aufgefrischt und die Antenne war nur mit Kraftanstrengung wieder runterzubringen. Ich war in diesem Moment froh, dass ich eine stabile Antennenlitze verwendet habe. Andernfalls wäre die Drahtantenne garantiert zerrissen.
Nachbetrachtung
Der Versuch hat gezeigt, dass mein Aufbau erstmal grundsätzlich funktioniert. Allerdings hatte ich mir mehr Verbindungen und ein besseres Signal bei meinen Gegenstationen erhofft.
Mein gestückeltes Koaxkabel aus 2m, 3m und 5m bietet im Portabeleinsatz eine hohe Flexibilität bezüglich des Antennenstandorts. Auf dem Boot hat es aber keine Vorteile und bedeutet zusätzlichen Aufwand. Ich werde in Zukunft lieber mit einem langen Koaxkabel arbeiten.
Versuch 2
Mein zweiter Versuch fand im August in Sardinien (südlich von Olbia) statt. Diesmal war ich auf einem 47 Fuß Boot mit einem 17m Mast statt. Ich konnte deshalb meine 17,7m Antenne verwenden. Aufgrund der Hitzewelle verlegte ich meinen Shack direkt ins Freie.
Wie beim Ersten Versuch versuchte ich erst längere Zeit selbst erfolglos CQ zu rufen und machte mich anschließend selbst auf die Suche nach QSO Partnern. Insgesamt kam ich auf eine magere Ausbeute von 5 QSOs. Alles auf 20m. Die größte Entfernung waren 1.100 km zu einer Portabelstation in Bukarest. Auch einen deutschen Funkamateur in Hohn konnte ich loggen. Die verabredeten Versuche mit einem Funkfreund aus Leipzig waren nicht erfolgreich. Ich konnte ihn zwar hören, er mich aber nicht.
Nachbetrachtung
Es bestätigten sich die Erfahrungen aus dem ersten Test. Die längere Antenne hat scheinbar keinen großen Unterschied gemacht. Natürlich ist so ein Test auch immer nur eine unwissenschaftliche Momentbetrachtung. Vielleicht waren die Bandbedingungen gerade sehr schlecht. Mein Eindruck war aber, dass auf den Frequenzen viele Stationen zu hören waren. Nur mich hat halt keiner gehört.
Wie geht es weiter mit Amateurfunk an Bord?
Mein Setup funktioniert prinzipiell, aber es ist sehr mühsam stundenlang um Verbindungen zu kämpfen. So richtig Spaß kommt da nicht auf. An der Antenne fallen mir keine weiteren Optimierungen ein, die innerhalb der örtlichen Einschränkungen an Bord eines Segelboots zu realisieren sind. Es bleibt deshalb nur die Erhöhung der Leistung, was mit meinem FT-818 nicht möglich ist.
Nach längerer Überlegung habe ich mir noch einen FT-891 gekauft. Dieser Transceiver hat eine maximale Ausgangsleistung von immerhin 100 Watt. Deshalb ist er auch etwas größer und schwerer als der FT-818. Aber alles noch in einem Maße, dass er im Fluggepäck gut unterkommt. Die Leistung von 100 Watt werde ich nicht ausschöpfen, da damit meine mitgebrachten Akkus (mittlerweile 4* 12V/4Ah) recht schnell erschöpft wären. Meine Annahme ist, dass bereits die Erhöhung der Leistung von 6 Watt auf 30 Watt deutlich mehr Verbindungen und eine bessere Verständlichkeit bei den QSO Partnern hervorbringt. Für mich ein weiterer großer Vorteil ist der integrierte Sprachspeicher. Wenn ich selber CQ rufe, kann ich damit aufgezeichnete Nachrichten aussenden. Das schont meine Stimme und auch die Ohren von allen an Bord. Ein weiterer Vorteil ist ein integrierter Sprachkompressor, der auch die Verständlichkeit verbessern kann.
Ich bin nächsten Monat auf einem Segelboot in Madeira und werde die Funkausrüstung im Gepäck haben. Danach berichte ich euch, ob der Test erfolgreich war.
Akkus
Auf den Fotos seht ihr Akkus verpackt in einer gepolsterten Tasche von Tatonka. Wenn die Akkus im Handgepäck verstaut sind, gibt es bei den meisten Fluggesellschaften keine Probleme.
Ziel
Aktuell sind meine Kurzwellenversuche an Bord nüchtern betrachtet eine nette Spielerei. Es hat aber das Potenzial auf einem längeren Törn außerhalb der Reichweite von UKW Seefunk und Handys einen echten Mehrwert zu liefern. Damit es dann auch wirklich funktioniert, versuche ich mein Setup auszureifen. Schließlich braucht man dann für die Langstrecke ein zuverlässiges und erprobtes System.