Vorwort zu Segeln bei Leichtwind
Jeder Segler kennt diese Tage ohne Wind. Das Wasser ist spiegelglatt und man spürt nicht mal einen leisen Windhauch im Haar.
Auf vielen Segelbooten würden jetzt wahrscheinlich die Segel herunter und der Motor an gehen. Auf meiner Ixylon Jolle komme ich nicht in diese Versuchung, da ich gar keinen Motor habe. Für den Notfall gibt es an Bord noch 2 Paddel. Diese versuche ich aber aufgrund einer Mischung aus Ehrgeiz und Bequemlichkeit im Vorschiff zu lassen. Solange sich das Boot noch ein klein wenig bewegt, wird gesegelt.
Als Segelanfänger haben mir solche Leichtwindtage die größten Probleme bereitet. Das Boot stand trotz größter Bemühungen einfach auf der Stelle. Damit das euch nicht so geht, möchte ich in diesem Artikel ein paar Ratschläge zum Segeln bei Leichtwind geben.
Tipps für Leichtwind
Traue nicht dem Verklicker
Normalerweise ist der Verklicker an der Mastspitze mein bester Freund an Bord. In regelmäßigen Abständen schaue ich, wie es dem Kollegen dort oben so geht. Bei Leichtwind kann man den Verklicker meiner Erfahrung nach nicht mehr verwenden. Der Wind reicht gerade bei leichtem Wellengang nicht aus, um den Windpfeil korrekt auszurichten. Mein Eindruck ist außerdem, dass bei Leichtwind in der Nähe der Wasseroberfläche im Vergleich zu höheren Luftschichten eine in der Richtung erheblich abweichende Luftströmung auftreten kann. Auch die Windfäden in den Segeln sind keine Hilfe, da sie traurig nach unten hängen.
Ich achte in einem solchen Fall auf das Segeltuch. Daran sehe ich auch bei schwachem Leichtwind, in welche Richtung die Segel gedrückt werden.
Künstliche Krängung nach Lee
Der Segelmacher gibt den Segeln bei der Fertigung ein ganz bestimmtes Profil. Ohne an dieser Stelle zu sehr ins Detail zu gehen, ist dieses Profil für den Vortrieb entscheidend. Bei normalen Windbedingungen fährt ein Segelboot immer mit einer leichten Krängung nach Lee. Durch diese Krängung und den Winddruck wird das Profil ins Segel gedrückt.
Bei Leichtwind steht das Boot aufrecht im Wasser. Die Segel verlieren dadurch die Form und bilden Falten.
In diesem Falle erzeugt die Crew künstlich eine leichte Krängung nach Lee. Besonders gut klappt das, wenn sich eine Person auf dem Vorschiff nach Lee begibt. Je größer das Schiff ist, umso schwieriger wird es mit dem Crewgewicht einen Effekt zu erzielen. Auf einer Jolle oder einem kleinen Kielboot geht es am einfachsten.
Wenig Bewegungen an Bord
Wenn sich eine Person an Bord bewegt, macht sich das sofort negativ in der Geschwindigkeit bemerkbar. Durch die Bewegung kommt das Boot ins Schaukeln wodurch das Profil der Segel wieder zerstört wird. Auch wenn sich ein Crewmitglied wenige Zentimeter umsetzt ist der Effekt bereits spürbar.
Das heißt bei Leichtwind Segeln: Möglichst keine Bewegungen an Bord.
Wenig Ruderausschlag
Bei Kursänderungen macht sich die geringe Fahrt im Boot bemerkbar. Das Ruderblatt hat kaum Anströmung und das Manöver findet deshalb in Zeitlupe statt. Ich war in dieser Situation früher versucht das Manöver mit stärkerem Ruderausschlag zu beschleunigen.
Unglücklicherweise erreicht man damit genau das Gegenteil. Das Ruderblatt schräg stehende Ruderblatt wirkt wie eine Bremse. Die ohnehin schon geringe Fahrt wird dadurch gegen 0 abgebremst.
Mein Rat ist mit sehr dezentem Ruderausschlag und viel Geduld zu arbeiten. Nach einiger Zeit wird sich das Boot in die neue Richtung bewegen.
Segeltrimm für Leichtwind
Ich fahre die Segel bei Leichtwind auf meiner Jolle mit maximalem Profil also viel Bauch. Die Schoten fahre ich weiter offen als bei normalem Wind. Höhe kann man bei solchem Wind sowieso nicht laufen. Stattdessen sollte man sich darauf konzentrieren eine erträgliche Fahrt im Boot zu halten. Manchmal entsteht der Eindruck zu stehen. Der erfahrene Skipper spuckt jetzt ins Wasser und schaut, ob sich nicht vielleicht doch etwas bewegt.
Neue Segel
Mein Eindruck ist, dass bei Leichtwind neue Segel einen sehr großen Unterschied machen. Als ich noch mit meinem Großsegel von 1986 unterwegs war, konnte ich im Normalfall bei der Geschwindigkeit mit den neueren Booten gut mithalten. Bei Leichtwind zogen dann aber alle an mir vorbei und wir mussten frustriert zu den Paddeln greifen. Mittlerweile habe ich ein 4 Jahres altes Großsegel und komme damit bei Leichtwind gefühlt deutlich besser voran.
Fazit
Segeln bei Leichtwind ist keine einfache Disziplin. Am Besten ihr probiert verschiedene Segeleinstellungen/Gewichtsverteilungen etc.
Ich freue mich immer sehr, wenn ich es am Abend mit dem letzten Windhauch noch zurück in den Hafen schaffe.
Es gibt aber auch die Situationen in denen einfach nichts mehr geht. In unserem Griechenland Urlaub habe ich längere Zeit sämtliche Segel optimiert. Der Co-Skipper schaute etwas ungläubig als ich mit dem Bootshaken die Genua ausgebaumt habe. Die Bavaria 40 ließ sich trotzdem nicht zu > 1kn überreden. Nach einer Stunde habe ich aufgegeben. Manchmal geht es einfach nicht!
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