Vorwort
Ende letzten Jahres hab ich mir den Sportseeschifferschein als nächstes Ziel gesetzt. Die Prüfung in den beiden Modulen Seemannschaft und Wetterkunde verlief zu meiner vollsten Zufriedenheit.
Ich hatte für diese beiden Module zwar einige Zeit gelernt, es aber auch nicht übertrieben. Voller Zuversicht blickte ich deshalb auf die Module Seerecht und Navigation.
In meiner Vorbereitungsphase merkte ich aber schnell, dass es dieses Mal nicht so einfach wird die Prüfungen zu bestehen.
Vorbereitung auf die Prüfung
SSS Modul Seerecht
Im Modul Seerecht machte mir das auswendig zu lernende Wissen die größten Probleme. Beispielhaft möchte ich die KVR Regeln, Schallsignale und Lichter nennen. Besonders die Schallsignale gingen mir nicht in den Kopf rein. Der Schwierigkeitsgrad beim Erkennen der Fahrzeuge über die Lichter ist deutlich höher als beim SKS. Dort werden sehr einfache Situationen skizziert, beim SSS sind die Situationen erheblich schwieriger. Meiner Meinung nach deutlich näher an der Praxis, dort sieht man die Lichter auch nicht immer in voller Pracht.
Ein weiteres wichtiges und auch interessantes Thema ist Radarplotten. Dabei geht es darum die Kurse und Geschwindigkeiten anderer Fahrzeuge anhand zweier Radarpeilungen zu bestimmen.
SSS Modul Navigation
Bei der Navigation fiel es mir schwer die Gezeitenbestimmung mit den A.T.T. (Admiralty Tide Tables) anzuwenden. Es unterscheidet sich deutlich vom beim SKS erlernten Verfahren. Ich habe keinen Theoriekurs bei einer Segelschule besucht. Für das Selbstudium halte ich das das gelbe SSS-Buch alleine für nicht ausreichend.
Eine weitere Schwierigkeit lag darin, dass man in einer relativ kurzen Zeit viel Kartenarbeit und Rechnerei erledigen muss. Dabei muss man aber nicht nur schnell, sondern auch sehr präzise navigieren.
Meine Vorbereitung
Zwei Wochen vor der Prüfung kippte bei mir die Stimmung. Ich merkte, dass mir die Zeit wegrennt und noch extrem viel Stoff zu lernen ist. Spontan nahm ich noch 3 Tage Urlaub, um es irgendwie zu schaffen. Mein Fokus beim Lernen lag dabei ganz klar auf dem Fach Seerecht. Navigation habe ich zwar auch bearbeitet, aber mit geringerem Zeiteinsatz.
Anreise
Als Prüfungsort hatte ich mich wieder für Hamburg entschieden. Ich kenne dort bereits die Räumlichkeiten und ein günstiges Hotel. Und die Stadt ist ja auch mal ganz schön.
Die Anreise mit dem Zug verlief leider etwas unbefriedigend. In der Nähe des Leipziger Hauptbahnhofs wurde eine alte Fliegerbombe aus dem 2. Weltkrieg gefunden und deshalb der Zugverkehr komplett eingestellt. Mit einer S-Bahn ging es dann doch noch weiter… Durch 1,5 h Verspätung fischte ich kurz nach 23 Uhr meinen Zimmerschlüssel aus dem Nachtsafe. Dort habe ich mich noch eine Stunde mit den A.T.T. Gezeiten (mein Schwachpunkt) beschäftigt.
Prüfungstag 1
Prüfung in Navigation
Der unbarmherzige Wecker klingelte nach 5,5 h Schlaf aus dem Bett. Fertig gemacht, fürs gute Gewissen nochmal ins Buch geschaut und ab zum DSV.
Einen guten Tipp von einer Segelfreundin möchte ich euch noch mitgeben: bringt Klebeband mit. Damit fixiert man die Seekarte auf dem Tisch und hat eine saubere Grundlage.
Ich bereitete also alles schön auf meinem Tisch vor: Taschenrechner, Navibesteck, Stifte etc.
Ich begann damit die Wissensfragen zu beantworten z.B. wofür AIS da ist. Relativ leicht verdiente Punkte. Dann ging ich in die Gezeitenrechnung und blieb dort lange Zeit. Irgendwie war mir einiges entfallen und ich kam einfach nicht weiter. Ich rechnete und rechnete und wältze meine Formelsammlung. Shit! Das kostete extrem viel Zeit und brachte quasi keine Punkte.
Ich wendete mich dann der eigentlichen Kartennavigation zu. Durch die Fehlschläge bei den Gezeiten war ich aber bereits entkräftet und genervt. Dort bin ich dann auch irgendwo ins Stocken geraten. Die Situation war hoffnungslos, es gab absolut keine Chance die Mindestpunkte noch irgendwie zu erreichen. Deshalb warf ich das Handtuch.
Übermüdung, schwierige Aufgaben und mangelnde Übung sind keine gute Kombination!
Prüfung in Seerecht
Hier lief es erwartungsgemäß deutlich besser. Es waren aber auch einige Fragen dabei, bei denen wir uns selbst im Nachhinein nicht sicher über die richtige Antwort waren. Meinen Kummer über die Prüfungen musste ich deshalb zusammen mit einem Mitprüfling mit mehreren Long Island Iced Tea ertränken.
Prüfungstag 2
Die Prüfungsergebnisse werden immer am Sonntag bekannt gegeben. Wenn man zwischen 54% und 64% der Punkte hat, gehts zur mündlichen Nachprüfung. Bei der Bekanntgabe gab es wieder einige traurige Gesichter. Die Schwierigkeit bei den Prüfungen ist hoch. Kaum ein SSS Anwärter kommt ohne durchgefallene Prüfungen weiter.
Der Vorsitzende sagte mir: „Sie müssen bei Seerecht in die mündliche Prüfung“. Das war für mich eine gute Nachricht. Ich hatte wieder etwas Hoffnung, dass dieses Prüfungswochenende doch kein totaler Schuss in den Ofen wird.
Mündliche Prüfung Seerecht
Ich musste bei verschiedenen Situationen die Vorfahrtssituation nach KVR bewerten. Dann ging es weiter mit Fahrwasserbetonnung und der Identifizierung von Lichtsignalen (es war ein Schlepper mit Anhang). Als letztes noch die Frage, was ich im Nebel veranlasse. Dazu hab ich gesagt: „Ich verteile meine Crew auf dem Schiff um Maschinengeräusche oder Schallsignale besser wahrnehmen zu können.“ Das war auch korrekt. Es fehlte allerdings noch nach dem Wortlaut der KVR: „Ich halte mich von anderen Fahrzeugen frei“. Manchmal ist es schwer auf solche Antworten zu kommen, die der gesunde Menschenverstand vorgibt. Klar fahr ich im Nebel nicht dem Frachter vor den Bug!
Die Prüfungskomission war mit meiner Performance sehr zufrieden: „Das kam ja alles richtig flüssig bei Ihnen“.
BESTANDEN!
Fazit
Die Prüfungsinhalte fand ich sinnvoll und praxisrelevant. Gerade das Radarplotten und die Anwendung der KVR auf verschiedene Situationen ist sinnvoll. Klar sind auch immer Themen dabei, die man mal gehört hat, aber so schnell nicht wieder braucht.
Das Niveau der Prüfungen ist sehr hoch. Es werden keine Punkte geschenkt, auch nicht in der mündlichen Prüfung. Mir gefällt das. Es ist schließlich der 2. höchste Segelschein, den man in Deutschland ablegen kann.
In der Navigation bin ich zu Recht durchgefallen. Was unter Prüfungsstress nicht klappt, klappt unter Realbedingungen auch nicht. Ich bin deshalb ganz und gar nicht böse, ich brauch einfach noch mehr Übung.
Damit habe ich nach einem halben Jahr bereits 3/4 meiner SSS Theoriemodule bestanden. Das hat den Vorteil, dass ich mich bei der letzten Prüfung voll auf die Navigation konzentrieren kann.
Comment
[…] wie vor mein großes Ziel/ Traum. Von den 4 SSS Theoriemodulen habe ich 3 bereits bestanden, nur die Navigation ist noch offen. Durch den Rest hab ich mich schon durchgebissen. Auch um mich selbst mal wieder auf andere […]