Nacharbeiten der Kenterung
Vor Kurzem sind wir mit meiner Ixylon Jolle auf dem Cospudener See gekentert. Das war nicht nur sehr peinlich, sondern auch fürs Material eine große Belastung. Mit stehenden Segeln musste das durchgekenterte Boot abgeschleppt werden. Dabei erhielten Vorstag und Fockfall die größten Lasten. Die Kräfte beim Aufrichten gingen dann eher auf Wanten und Mast.
Offensichtliche Beschädigungen waren zwar auf den ersten Blick keine erkennbar, ich wollte aber auf Nummer sicher gehen und alles gründlich checken. Das gleichzeitig auch als eine Maßnahme um das Vertrauen ins Boot wieder zu gewinnen. Ein gebrochener Mast wegen einem angerissenem Draht wäre extrem ärgerlich, da vermeidbar.
Basteltag 1
Neue Wanten
Im Vorfeld hatte ich mir für meine Ixylon einen Satz neuer Wanten bei BTM Marine gekauft. Der Preis von 62 € für den ganzen Satz ist ein sehr kleiner Posten im Vergleich zu einem potenziellem Mastbruch. Beim Mastlegen zeigte sich dann, dass die alten Wanten optisch schon stark mitgenommen aussahen. Eigentlich prüfe ich jedes Jahr das Rigg mindestens einmal, aber dieses Manko war mir entgangen. Das aber keine Folge unserer Kenterung, sondern durch den Zahn der Zeit verursacht. Ich vermute, dass hier noch die Original-Wanten von 1986 ihr Werk verrichteten.
Die Sicherungsringe waren in einem ganz schlechten Zustand und mussten mit getauscht werden. Beim Öffnen sind sie gleich zerbröselt. Gar nicht gut!
Beschläge und Schrauben
Da wir einmal so schön am Basteln waren, ging es weiter mit den Beschlägen z.B. der Umlenkpunkt von der Fock. Dabei zeigte sich dann, dass viele Schrauben in einem sehr schlechten Zustand waren. Also noch schnell zum Baumarkt und 50 € in Edelstahlschrauben angelegt.
Die Gewinde der Schrauben habe ich mit dem Trockenschmierstoff K Last Super von NCH behandelt. Durch die Trennschicht wird es hoffentlich einfacher die Schrauben später wieder zu raus zuschrauben.
Die Schrauben der Beschläge haben wir entweder mit Dichtband oder mit Sikaflex abgedichtet. Eindringendes Wasser kann sonst das Laminat beschädigen und in die Auftriebstanks gelangen.
Kampf mit den Schrauben
In der Ixylon gibt es auf dem Boden eine Art Traveller. Der ist aber leider eine ziemliche Fehlkonstruktion und funktionierte laut älteren DDR Seglern schon damals nie richtig. Bei meinem Boot wurde er festgestellt, ist also in der Mittelposition fixiert. Diese Travellerschiene ist mit 9 Messingschrauben mit Schlitzkopf befestigt. Das Gewinde für die Schrauben ist aber nicht nur ins GfK geschnitten. Im Rumpf wurde eine Aluminiumplatte zur Lastaufnahme ein laminiert. Eigentlich eine gute Idee. Die Kombination aus Messing und Aluminium war aber alles andere als eine glückliche Wahl. In Verbindung mit Wasser kommt es dort zu galvanischer Korrosion und die Elemente verbinden sich. Die Schrauben saßen fest wie angeschweißt.
Eine Person hat mit dem größten verfügbaren Schraubendreher mit voller Power nach unten gedrückt. Die zweite Person hat einen weiteren Schraubendreher durchgesteckt und mit diesem Hebel langsam gedreht. Es ließ sich leider trotz großer Konzentration nicht vermeiden, dass öfters ein Span von weichen Schraubenkopf abgehoben wurde. Zwei ruinierte Schrauben konnten wir mit einer Zange noch rausdrehen. Eine Schraube brach bündig mit dem Gewinde ab. Die andere Schraube brach direkt unter dem Kopf weg. Versuche mit Kontermutter zu arbeiten scheiterten. Das weiche Messinggewinde wurde von unserer Schraube einfach glatt gebügelt.
Der Ixylon Experte
Am See gibt es bei uns einen Ixylon Segler, der auch Regatten segelt und sich technisch sehr gut mit diesem Bootstyp auskennt. Er hat schon mehrere Boote dieses Typs neu aufgebaut und kann deshalb viele Detailfragen beantworten. Leider ist sein Geltungsbedürfnis ebenso groß, wie sein Wissen. Jedenfalls beobachtete er misstrauisch unsere Bastelarbeiten. Und da er scheinbar Langeweile hatte, stellte er sich in einem Abstand von einem Meter hinter uns ans Boot. Seine Paradedisziplin ist es die Boote anderer Segler schlecht zu machen. Ein häufig gehörter Spruch: „Das muss alles raus.“ oder „Das ist bald durch.“ Jedenfalls stand dieser Segelfreund 2 h hinter uns und kommentierte in seiner gewohnt wertschätzenden Art unsere Arbeiten und das Boot. Bei jedem Beschlag schrie er: „Mehr Sikaflex. Das reicht nicht. Mehr Sikaflex.“ Das Ganze war sehr anstrengend und nur die gute Erziehung gebot, dass wir Ihn gewähren ließen. Die eben verklebten Revisionsdeckel riss er wieder aus dem Rumpf raus. In mir kochte es.
Schließlich kam irgendwann seine Lieblingsfrage: „Wollt ihr mal mein Boot sehen?“. Also sind wir zu seiner Ixylon. Unbestritten gut gemacht und top ausgestattet. Mit dem Geld was dort drin steckt, kann man locker 3 Wochen ein 40 Fuß Boot in der Hauptsaison chartern. Seine Lieblingsteile sind die Umlenkblöcke mit Keramikkugellager. Besuchern wird empfohlen diese anerkennenden zu kommentieren: „Boah die sind total krass. Ich dreh durch!!!“. Er erinnerte uns stark an einen 18-Jährigen, der seinen alten Golf getunt hat und allen die Bassrolle im Kofferraum zeigen muss. Ein Bootsposer!
Es sind solche Leute, die Neulinge schnell verunsichern. „Dein Boot ist ein Wrack, das muss alles raus“. Wenn man das direkt am Anfang seiner Segelkarriere hört, stellt man sich viele Fragen.
Wenn man alle seine Ratschläge befolgt, investiert man 6.000 € in die alte Jolle und ist 2 Jahre am Basteln. Dabei bleibt dann kein Tag zum Segeln.
Sehr schade, dass manche Leute ihr Wissen in einer so unangenehmen Art und Weise votragen, dass man auch die mitunter guten Ratschläge ablehnt.
Basteltag 2
Auf uns wartete noch ein Projekt in Form der zwei abgebrochenen Schrauben. Die nur zur Hälfte abgebrochene Schraubenruine konnte ich mit der Trennscheibe von meinem Mini Dremel bündig abflexen. Der Akku Dremel ist ein tolles Tool für kleinere Arbeiten am Boot.
Mein Freund hat die Schrauben mit Bohrer in kleinerem Durchmesser ausgebohrt, um das Gewinde nicht zu beschädigen. Anschließend hat er ein neues Gewinde mit Originaldurchmesser eingeschnitten. Das hat sehr gut funktioniert. Am ehemaligen Travellerschlitten habe ich noch einige überflüssige Metallteile mit dem Dremel entfernt. Des weiteren haben wir die seitliche Fixierung optimiert und in die Schiene neue Gewinde geschnitten.
Danach wieder alles schön aufgeräumt und das Boot damit in einen fahrfähigen Zustand versetzt.
Fazit
Unser Bastelwochenende ist deutlich größer geworden als anfangs geplant. „Wollen wir das gleich noch mit machen?“ „Ja klar, wenn wir einmal dabei sind.“ Waren unsere häufigsten Sätze.
Es war toll mit einem handwerklich deutlich erfahrenerem Helfer zusammenzuarbeiten. Ich konnte wieder viel lernen und freue mich, dass mein Boot jetzt wieder in einem sehr guten Zustand ist. Es ist ein tolles Gefühl mit den Händen etwas geschaffen/ erhalten zu haben.
Achja und lasst euch ja nicht von Bootsposern und Schlechtrednern den Spaß verderben!
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