Vorwort
Mit einem Kollegen Markus wollte ich schon eine ganze Weile zusammen Segeln gehen. Markus ist ein cooler Typ und außerdem Elektromeister. Solche Leute sollte man sich immer warm halten für zukünftige Projekte :-).
Allerdings war es (auch wegen Corona) gar nicht so einfach einen gemeinsamen Termin zu finden. Mitte August war es dann endlich so weit.
Bootsausflug
Zuerst ging es mit dem Fahrrad quer durch Leipzig. Vom Leipziger Hauptbahnhof bis zum Markkleeberger See braucht man bei entspannter Zeit ungefähr 40 min. Im Rucksack klapperten erwartungsvoll ein paar Getränkeflaschen.
Am See angekommen herrschte absolute Flaute. Spiegelglatter See ohne auch nur die Spur einer Kräuselung. Selbst mit Nagel neuen Segeln wäre da kein Fortkommen gewesen. Geschweige den mit meinen alten Bettlaken.
Wir wollten trotzdem aufs Wasser. Dank Hilfsmotor kein Problem. Markus ist auch die Sorte Mitsegler, die es einem als Skipper sehr leicht machen. Mega interessiert und mit guter Laune. Andere Leute hätten sich beschwert: „Aber wir wollten doch Segeln!“. Er nicht.
Happy saßen wir auf dem Boot und tuckerten mit Standgas über den See. Die ein oder andere Story wurde erzählt (nicht nur von mir) und auch manche Flasche leerte sich.
Die haben ein Problem
Es waren noch einige andere Boote auf dem See, die aber mangels Wind auch motoren mussten. Als wir an der Insel vorbeifuhren, kam ein Segelboot in Sicht. Das Boot liegt nur wenige Liegeplätze von mir entfernt und man kennt sich natürlich. Wir sind ein kleiner Hafen und da geht es sehr freundschaftlich zu. Gesprächsthemen gibt es unter Seglern ja sowieso.
Das Boot machte nur ganz leichte Fahrt. Als wir in einigem Abstand vorbeifuhren, grüßte ich. Darauf hin winkte die Crew sehr intensiv und begeistert (wie ich glaubte) zurück. Sie hörten gar nicht wieder auf zu winken. Da stellte Markus fest: „Du ich glaube die haben irgendein Problem und wollen, dass wir helfen.“
Abschleppdienst
In Rufweite angekommen wurde ich unterrichtet: „Marcus unser Akku ist fast leer, wir fahren nur noch ganz langsam. Kannst Du uns zum Hafen schleppen.“
Kurz nach dem ich die initiale Überraschung und Erheiterung überwunden hatte: „Na klar machen wir das!“
Für solche und ähnliche Fälle habe ich eine lange Schwimmleine an Bord. Eine Schwimmleine bleibt an der Oberfläche und kommt deshalb nicht so schnell in die Schraube. Außerdem kann die Schwimmleine bei einem fehlgeschlagenen Wurfmanöver vom Zielschiff mit dem Bootshaken noch aus dem Wasser gefischt werden. Beachten sollte man aber, dass eine Schwimmleine eine deutlich geringere Bruchlast hat, als eine nicht schwimmfähige Leine gleichen Durchmessers. Nach meinen Recherchen hält eine Schwimmleine nur ca. 50% Bruchlast.
Die Schwimmleine belegte ich auf einer Heckklampe. Außerdem knotete ich mittels Stopperstek noch eine weitere Leine an die Schwimmleine. Diese belegte ich auf der anderen Heckleine. Durch diesen Hahnepot hatte ich eine Zugentlastung. Wie ich aber später feststellte, wäre die gar nicht notwendig gewesen. Aber ich bin ja auch noch Anfänger beim Boote abschleppen!
Mein Mitsegler war schwer begeistert der Abschleppaktion. Auch die Besatzung des geschleppten Bootes wirkte nicht unbedingt unglücklich. Nach dem Motto: „Endlich passiert mal was!“.
Um das andere Boot wieder in den Liegeplatz zu bekommen hatte ich auch eine Idee: Ich wollte kurz vor dem Hafen beide Boote etwas beschleunigen und dann die Leine loswerfen. Die andere Crew wäre dann mit dem Restschwung eingeparkt. Natürlich nicht so einfach den korrekten Schwung zu berechnen. Bei zuviel Schwung kracht das Boot in den Steg, bei zu wenig verhungert es vor der Box.
Diese Prüfung blieb mir allerdings erspart. Der schwer angeschlagene Akku reichte noch zum einparken.
Als glücklicher Umstand erwies sich, dass auf dem geschleppten Boot eine Spiegelreflex Kamera an Bord war. Dadurch ist eine sehr schöne Aufnahme von uns Beiden entstanden. In der Natur des Segelns liegt ja, dass man selten Bilder Außen bekommt. Wenn nicht gerade eine Drohne im Spiel ist.
Nach der Abschleppaktion ging es noch einmal bis zum Anbruch der Dunkelheit zurück aufs Wasser.
Fazit
Es freut mich immer, wenn ich anderen Seglern helfen kann. Wie es der Zufall so wollte, waren wir glücklicherweise gerade an der richtigen Stelle.
Jeder Wassersportler sollte immer daran denken, dass er morgen derjenige sein könnte, der selbst Hilfe benötigt.
Wir hatten jedenfalls eine interessante und erheiternde Erfahrung.
Mit Markus erinnere ich mich gerne an diese Ausfahrt.
Übrigens: ein paar Tage später gab es zum Dank für Skipper Marcus noch eine Flasche Wein von den Geretteten. Sehr nett!
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[…] unter den Bootsbesitzern. Im Gegensatz zu größeren Häfen kennt man alle persönlich und hilft sich gegenseitig. Ein Liegeplatz ist im Leipziger Umland außerdem sehr schwierig zu bekommen. Man kann nicht frei […]