Vorwort
Mein Heimatgewässer, der Markkleeberger See ist ca. 3 km lang und 800 m breit. Der Umfang liegt bei 7,8 km. Süd-östlich vom Markkleeberger See liegt ein weiterer See, der Störmthaler See. Dieser ist mit einem Umfang von 20 km ungefähr doppelt so groß. Allerdings ist ein Teil dieser Fläche aus Naturschutzgründen für Wassersportler gesperrt. Historisch sind sowohl Markkleeberger See als auch Störmthaler See aus dem Tagebau Espenhain entstanden und wurden später durch eine Aufschüttung getrennt, über die die A38 verläuft.
Verbunden sind beide Seen über einen 1,3 km langen Kanal. In der Mitte befindet sich die sogenannte Kanuparkschleuse. Diese Schleuse wird intensiv von der Personenschiffahrt am Markkleeberger See genutzt. Es ist aber auch möglich die Schleuse mit einem privaten Boot (z.B. Paddelboot oder eben Segelboot) zu nutzen. Leider gibt es auf dem Weg durch den Kanal sowohl eine Fußgängerbrücke als auch die Autobahnbrücke. Beide wären für meine Masthöhe von 9,55 m über Wasserlinie deutlich zu niedrig.
Ich hatte schon längere Zeit den Plan mit meinem Boot mal einen Abstecher in den Störmthaler See zu machen. Allerdings wollte ich dafür ein paar Leute Crew haben. Sowohl beim Mast stellen/legen als auch in der Schleuse kann man ein paar zusätzliche Helfer gut gebrauchen.
Ende Juli war es dann endlich so weit. Der Wetterbericht sah super aus und eine Crew aus 2 Pärchen war im Freundeskreis schnell gefunden.
Törnbeginn am Markkleeberger See
Mastlegen
Um durch die Brücken zu kommen, musste der Mast gelegt werden. Bei immerhin 8,14 m Mastlänge ist das ein ziemlich anstrengender Kraftakt. Glücklicherweise hat meine Sprinta 70 eine Mastlegevorrichtung. Diese Vorrichtung besteht aus dem Spi-Baum, einer Talje und zwei Hilfswanten. Der Spi-Baum wird vorne an Mast und Vorstag angeschlagen und seitlich noch mit zwei Drahtseilen gesichert. Die stark untersetzte Talje kommt anschließend zwischen einen Bugbeschlag und das gelöste Vorstag.
Immer fest angeschlagen sind die beiden Hilfswanten. Diese halten den Mast seitlich beim legen/stellen. Andernfalls könnte es passieren, dass der Mast aufgrund seines großen Hebels den Mastfuß beschädigt. Im normalen Segelbetrieb sind diese Hilfswanten locker und nehmen keine Last auf. Mit der Mastlegevorrichtung kann der Mast von einer einzigen Person gestellt und gelegt werden. Und das ganz ohne Kraftanstrengung.
Die Zeit für unser Treffen am Boot war bereits 8 Uhr. Keine Zeit zu der ich normalerweise an einem Sonntag anzutreffen bin. Aber die Tour in den Störmthaler See lohnt sich nur mit ausreichend Zeit. Ich hatte mich dazu entschieden den Mast bereits am Steg zu legen. Da ist mehr Ruhe und da es absolut Windstill war, hätten wir die 3 km bis zum See Ende sowieso nicht segeln können.
Das Boot wurde voll geladen mit zwei Kühlboxen voller Getränke, Essen und aufblasbaren Badetieren. Außer 5 Erwachsenen (inkl. mir) war auch ein kleiner Hund der Einladung gefolgt.
Als alles verstaut und der Mast gelegt war, ging es unter Maschine entspannt Richtung Schleuse.
Richtung Kanuparkschleuse
Der Kanal
Das Knifflige bei der Kanal Durchfahrt ist die Wasser Tiefe. Laut Website können Schiffe mit einem Tiefgang „bis 1,20m den Kanal befahren“. Diese Angabe stimmt zum Glück nicht. Mein Boot hat einen Tiefgang von 1,30 m. Stellenweise hat ich aber nur noch 20 cm Wasser unter dem Kiel. Kein Skipper mag dieses Gefühl und der dauerhaft piepsende Alarm vom Lot trägt nicht zur Beruhigung bei.
Die erste Hürde wartete in Form der niedrigen Fußgängerbrücke vor der Schleuse auf uns. Der Mast war zwar gelegt, hatte aber durch die angeschlagene Mastlegevorrichtung eine gewisse Höhe. Mit ganz langsamer Fahrt tastete ich mich durch die Brücke. Viel Platz zu unserem gelegtem Mast war nicht mehr, aber es ging alles gut.
Die Kanuparkschleuse
Die Schleuse hat ihren Namen vom nahegelegenen Kanupark. Das ist eine künstliche Wildwasseranlage auf der auch schon international Wettbewerbe ausgetragen wurden.
Die Kanuparkschleuse hat eine nutzbare Kammerlänge von 20 m und einen Hub von 4 m und zählt damit zu den größten Anlagen im sogenannten Neuseenland.
Angekommen an der Schleuse begrüßte uns der Schleusenwärter. „Wir hatten gerade eine technische Störung, wir machen jetzt erstmal eine Testschleusung mit euch.“ Meine Frage: „Ist das für gefährlich?“ „NEIN denke ich nicht.“
Bis zur Öffnung der Schleuse musste ich im Bereich vor der Schleuse noch einige Kreise drehen. Durch die Strömung des aus der Schleuse ausfließenden Wassers war es gar nicht so einfach die Position mit dem Boot zu halten. Besser wäre es gewesen am Steg festzumachen.
Wir hatten das Boot bereits gut vorbereitet mit einer Bug- und einer Heckleine und einer größeren Anzahl Fender auf beiden Seiten.
Der Schleusenwärter hat uns mehrmals gewarnt nicht zu nah an die Schleusentore zu kommen. Dort gibt es eine Sicherheitsleine die bei Berührung zu einer sofortigen Notabschaltung der Anlage führt. Darauf hatten sowohl Schleusenwärter als auch Bootsbesatzung keine Lust.
Meine Crew hat vom Schleusenvorgang ein nettes Zeitraffervideo gemacht:
Im Störmthaler See
Das dunkle Tor öffnet sich
Nach ca. 20 min öffneten sich die Schleusentore endlich für uns. Uns trennte jetzt nur noch ein ca. 600 m langer Kanalabschnitt vom Störmthaler See. Vorher führte unser Weg aber noch unter der Autobahn Brücke von der A38 durch. Diese Brücke ist aber deutlich höher, als die Fußgängerbrücke die wir bereits gemeistert hatten. Also kein Problem da mit dem gelegten Mast durchzukommen.
Kanaldurchfahrt
Nach der Brücke, noch im Kanal, ließ ich meine Crew den Mast wieder aufstellen. Die Mastlegevorrichtung mit dem Spi-Baum ließ ich anschließend gleich montiert. Es war ja sowieso kein Wind zum Segeln…
Warum wir den Mast dann trotzdem gestellt haben? Der gelegte Mast schränkt die Bewegungsfreiheit im Cockpit ziemlich ein. Überall hängen Wanten und Leinen rum. Außerdem sieht so ein Segelboot mit gelegtem Mast etwas kaputt aus.
Störmthaler See
Im Störmthaler See lagen in einer kleinen Bucht bei herrlichstem Sonnenschein bereits mehrere Boote vor Anker. Der Anblick erinnerte mich sehr an die griechischen Inseln im ionischen Meer, die ich 2020 Corona bedingt leider nicht gesehen habe.
Auch wir ankerten kurze Zeit später und sprangen zusammen mit den mitgebrachten Badetieren ins Wasser. Herrlich!
Baden im Störmthaler See
Vorbeiging es an der schwimmenden Kirche „Vineta“. Die Vineta ist auf einem Ponton errichtet und befindet sich mitten auf dem See. Die Stromversorgung erfolgt über Solarzellen auf dem Dach. Wenn nicht gerade Konzert ist, finden verschiedene Veranstaltungen wie Konzerte oder Hochzeiten dort statt. Erreichbar ist die Vineta mittels einer Fähre. Private Boote dürfen nicht anlegen,
Die Sonne brannte so intensiv, dass die Crew bereits nach kurzer Fahrzeit den nächsten Badestop einforderte. Ich nutzte die Zeit um mit dem Kanister den Außenbordmotor wieder aufzufüllen.
Landgang Vineta Hafen
Im Störmthaler See gibt es aktuell 2 Häfen. Der ältere und größere ist LAGOVIDA. Unser Ziel war aber der Vineta Hafen, der mit der schwimmenden Kirche zusammenhängt.
Auf dem Weg zum Hafen kam mir mein Freund Alex mit seiner Varianta 65 entgegen. Eine herzliche Begrüßung und ein bisschen Smalltalk (trotz der tuckernden Motoren). Wir nutzten die Chance, um auf dem Wasser die neuen Landleinen zu übergeben, die ich in passender Länge für ihn gespleißt hatte.
Gastliegeplatz
Am Vineta Hafen gibt es an der Sliprampe einen kleinen Steg. Dieser ist mit einem Schild speziell als Gastliegeplatz gekennzeichnet. Allerdings mit einer angegebenen Wassertiefe von 1,4 m nur ein Spielraum von 10 cm für mein Boot. Vor dem Liegeplatz waren allerhand Schwimmer und SUPs unterwegs. Es war trotz langsamster Fahrt nicht einfach sich da einen Weg zu bahnen. In solchen Situationen bin ich sehr aufmerksam und etwas angespannt. Man möchte ja auf keinen Fall jemanden gefährden. Zwei Personen habe ich auf den Bug geschickt zum Ausschau halten, damit auf keinen Fall jemand übersehen wird.
Den Motor hatte ich schon einige Meter vor dem Steg ausgekuppelt und war mit Restfahrt weitergefahren. Etwa 2 m vor dem Steg stand das Boot. Okay kein Problem, da hab ich wohl zu früh ausgekuppelt und den Schwung falsch eingeschätzt. Also Motor wieder eingekuppelt.
Immer noch keine Bewegung. Also mehr Gas gegeben. Wieder nichts!
Daraufhin die Erkenntnis: Wir sitzen bereits auf dem Grund, die Tiefenangabe am Steg ist nicht korrekt. Raus kamen wir im Rückwärtsgang ohne Probleme.
Jetzt aber die große Frage: „Wo legen wir an?“ Da kam mir die Idee, dass ich mir einfach den Liegeplatz von meinem Freund Alex ausborge. Der war ja gerade auf dem See unterwegs und der Platz deshalb frei. Also ging es mit vorbereiteten Fendern und Landleinen in den Hafen. Das Anlegemanöver hat auch perfekt funktioniert.
Etwas lustig sah meine Sprinta 70 schon aus im Hafen. Ein riesiges Badetier an Bord und diverse Handtücher und Badesachen zum trocknen. Aber Hauptsache es macht Spaß und das hat es gemacht!
Vineta Hafen
Den Landgang nutzen wir für einen Besuch im nahegelegenen Cafe. Einfach toll dort in der Sonne einen Cappuccino zu trinken. Auch der Snack zur Stärkung tat gut, schließlich lag noch ein weiter Rückweg vor uns.
Viele Dinge waren wie bei einem richtigen Urlaubstörn im Mittelmeer. Warmes Wasser, mit einem Boot in einem Hafen ankommen, ins Restaurant gehen, entspannte Stimmung überall. Mein Corona bedingtes Fernweh war damit deutlich gelindert.
Irgendwann musste der Skipper dann leider das Signal zum Aufbruch geben. Die Schleuse ist nur bis 17 Uhr in Betrieb und ich wollte keinesfalls in Zeitnot geraten.
Zurück zur Kanuparkschleuse
Nachdem Crew und Hund wieder alle an Bord verstaut waren, tuckerten wir gemütlich die 5,2 km zurück zur Kanuparkschleuse.
Dort angekommen teilte uns der nette Schleusenwärter mit, dass sich gerade ein Passagierschiff (die haben Vorrang) angemeldet hat und wir deshalb leider warten müssen. Mit einiger Wartezeit hatten wir bereits kalkuliert und deshalb konnte uns das die Stimmung an diesem herrlichen Tag nicht verleiden.
Als die Schleuse nach ca. 50 min wieder einfahrtsbereit war, kündigte sich ein weiteres Passagierschiff an der Schleuse an. Der lustige und gesprächige Schleusenwärter versicherte mir aber, das wir auf jeden Fall noch rüber geschleust werden. Meine Hauptbedenken waren damit entkräftet. Ich nutzte die weitere Wartezeit noch für ein paar interessante Gespräche mit dem Schleusenwärter zur Technik der Anlage. Beispielsweise konnte ich die Steuerungstechnik der Schleuse bewundern. Ich erfuhr, dass die Schleuse technisch eine viel schnellere Schleusung erlauben würde. Leider kommt es dadurch aber zu Ausspülungen im Kanal und die Wassermenge musste deshalb gedrosselt werden.
Hinter uns legte noch ein zu einem Motorboot umgebautes Segelboot an. Man merkte sofort, dass die Leute von Booten nicht sehr viel verstehen. Die Landleinen wurden an der Reling mit einigen wilden Wickelknoten befestigt. Alles verschmerzbar, aber sie waren zusätzlich noch unfreundlich. Das mag ich sowohl an Land als auf dem Wasser nicht.
Zurück in den Markkleeberger See
Als die Schleuse nach 2 h Wartezeit dann endlich grün zeigte, waren nicht nur das Motorboot sondern, auch ein Paddelboot mit in der Kammer. Ich legte mich so weit wie möglich weg von dem Motorboot da ich befürchtete, dass sich die Kollegen eventuell in der Kammer querstellen. Ein begründeter Anfangsverdacht lag da ja bereits vor. Es ging aber alles gut.
In der Fußgängerbrücke wurden es nochmal richtig knapp mit der Höhe. Es ist nicht ganz einfach den optimalen Punkt bei der Mastliegevorrichtung zu finden. Man kann das sich so vorstellen, dass der gelegte Mast zusammen mit Vorstag und Spi-Baum ein Dreieck mit der Spitze nach unten bildet. Wird der Mast zu weit gelegt, kommt der Spi-Baum nach oben. Ist der Mast nicht weit genug gelegt, ist der Verklicker am Mast der höchste Punkt.
Im Idealfall sind Baumspitze und Spi-Baumspitze gleich hoch über dem Wasser. Dann ist die Durchfahrthöhe minimal. Aber ich lerne da auch noch und beim nächsten Mal klappt es sicher noch besser.
Meine Eltern warteten schon seit geraumer Zeit im Hafen auf mich. Ich ließ also meine 5 Pferde aus dem Suzuki Stall und brauste nach Westen. Es kam mir aber so vor, dass der Motor nicht die volle Leistung bringt und auch der Klang etwas verändert ist. Später im Hafen stellte ich fest, dass ich mir mir einige lange Wasserpflanzen um die Schraube gewickelt hatte. Wahrscheinlich ist das in der flachen Kanalpassage passiert.
Glücklich aber auch ein bisschen erschöpft packten wir unsere sieben Sachen und den Hund zusammen und gingen von Bord. Immerhin 9,2 sm (16,5 km) zeigte die Logge.
Die Mastlegevorrichtung habe ich dann am nächsten Tag erst abgebaut und die Wanten wieder alle korrekt getrimmt. Das hat mich bestimmt auch nochmal eine Stunde Zeit gekostet.
Fazit
Die Fahrt durch die Schleuse war im Corona Jahr 2020 eines meiner schönsten Urlaubserlebnisse. Wir hatten viel Glück mit dem Wetter und so eine nette Crew muss man auch erstmal zusammen bekommen.
Ein richtiger kleiner Segeltörn mit Start und Zielhafen. Schon etwas besonderes.
Unser Trip hat aber auch gezeigt, dass man eine solche Fahrt aufgrund der Wartezeiten an der Schleuse gut planen muss. Für die ganzen Vor- und Nacharbeiten gehen locker 2 Stunden drauf.
Ich möchte diese Tour unbedingt 2021 wiederholen. Wenn es klappt, mit einem längeren Aufenthalt mit Übernachtung im Störmthaler See. Dann steht man nicht unter Zeitdruck wegen den Schleusenöffnungszeiten und kann die Zeit noch mehr genießen. Vorher muss ich aber noch ein Polster im Vorschiff in Ordnung bringen, damit insgesamt 4 Leute im Boot bequem schlafen können.
2 Comments
[…] des Beckens vor der Schleuse. Vor einem dreiviertel Jahr sind wir hier mit meiner Sprinta noch durchgefahren. Irgendwie unwirklich, dass das jetzt nicht mehr möglich sein wird, vielleicht nie wieder möglich […]
[…] seine Varianta 65 dort im Vineta Hafen hatte. Außerdem unternahmen wir mit meinem Boot 2020 einen Segeltörn vom Markkleeberger See in den Störmthaler See und zurück. Leider wurde die dazu notwendige Kanuparkschleuse 2021 auf unbestimmte Zeit […]